21.05.2021 ‐ Finanzmarkt aktuell

Welche Zentralbank erhöht Zinsen als Erste?

Die Corona-Pandemie scheint, zumindest in Europa und Nordamerika, immer besser bewältigt zu werden. Eine kräftige Erholung der Wirtschaft setzt ein und dank den Impfungen gegen Covid-19 dürfte die größte Pandemie-Welle in den Industriestaaten überwunden sein. Die Inflation beschleunigt sich global.

 

Gleichzeitig bleiben die Zentralbank-Zinsen in vielen Währungsräumen auf historischen Tiefstständen. Für viele stellt sich die Frage ob damit auch ein baldiges Ende dieser Tiefzinsphase einhergeht und die Notenbanken ihren Kurs ändern.

 

Welche Notenbank könnte als erste die Segel neu setzen?
Die Europäische Zentralbank sicher nicht – im Euroraum liegt die Inflationsrate aktuell bei 1,6 % (April 2021), das Inflationsziel der EZB bei 2,0 %. Außerdem sind die europäischen Staatshaushalte in einem viel schlechteren Zustand als vor der Corona-Krise, und selbst damals war eine Zinserhöhung von -0,50 % (EZB-Einlagenzinssatz) nicht in Sicht.

 

In den USA steigt das Preisniveau mittlerweile deutlich schneller (im April sogar um 4,2 % gegenüber dem Vorjahr), aber die US-Zentralbank Fed verfolgt nicht das gleiche Ziel wie die EZB: Die Inflation soll im Durchschnitt 2 % betragen (seit der Umformulierung des Ziels im Sommer 2020), darf also diesen Wert überschießen, nachdem sie bis Februar ein Jahr lang darunter war; außerdem verfolgt die Fed offiziell auch das Ziel der Vollbeschäftigung, welche sie noch nicht erreicht sieht. Eine erste Leitzinserhöhung ist frühestens nächstes Jahr vorstellbar. Das gilt auch für Kanada.

 

Zurück nach Europa:
Die Bank of England dürfte dieses und auch nächstes Jahr ihren Leitzinssatz bei 0,10 % belassen. Durch den Brexit und den Verlust des Vorsprungs bei den Impfungen gegen Covid-19 wird sich die Konjunkturerholung möglicherweise langsamer als in der EU fortsetzen.
Die Nationalbanken Dänemarks und der Schweiz werden es sich nicht leisten können, ihre Geldpolitik früher als die EZB zu straffen. Auch die schwedische Riksbank kann nach der mutigen Abschaffung der Negativzinsen (Ende 2019) mittelfristig keinen weiteren Schritt nach oben setzen.

 

Die einzige Zentralbank in den westlichen Industrieländern, die noch im laufenden Jahr die Zinsen steigern kann, ist somit die Norges Bank: Norwegens Wirtschaft schrumpfte 2020 nur um 1 % und die Inflation verharrt hoch über dem Ziel. Im Mai bestätigte die Norges Bank ihren Plan, den Leitzinssatz von derzeit 0,00 % im zweiten Halbjahr zu erhöhen – der Schritt wird also wahrscheinlich im September oder im Dezember erfolgen.

 

In Zentraleuropa könnten gleich zwei Notenbanken die Zinsen in den nächsten Monaten erhöhen: in Tschechien und in Ungarn. Der Vizegouverneur der Ungarischen Nationalbank signalisierte vor Kurzem die Möglichkeit einer ersten Leitzinserhöhung bereits im Juni, was die Finanzmärkte überraschte und eine deutliche Aufwertung des ungarischen Forints verursachte. Gouverneur der Tschechischen Nationalbank sagte Anfang Mai, dass er von einer Steigerung der CZK-Zinsen noch in diesem Jahr überzeugt ist, einen konkreteren Zeitpunkt wollte er aber nicht nennen.

 

Damit zeigt sich eines ganz klar: Die Masse der Zentralbanken wird behutsam vorgehen und die Entwicklung der Inflationsraten und der Wirtschaft (je nach Auftrag) genau verfolgen. Ein zwischenzeitliches Überschießen der Inflation – verursacht auch durch Basiseffekte – wird sich nicht als Indikator für Zinsänderungen ableiten lassen. Und bevor es bei den Zinsen „ans Eingemachte“ geht, werden wohl die Aufkaufprogramme step by step zurückgefahren werden. Eine Herkulesaufgabe – wie wir schon vor einigen Jahren in den USA gesehen haben. Europa hatte damals diese Chance verabsäumt und damit das Zeitfenster für den Austritt aus der Negativzinswelt liegen gelassen. Warten wir ab ob es dieses Mal gelingen wird.

 

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