Was wäre, wenn andere das Sagen hätten
Die Oberbank hat Sorge um ihre Eigenständigkeit. Ihr Chef, Franz Gasselsberger, erklärt, warum, und sieht positive Signale für die Wirtschaft.
Die Bank Austria, die zur italienischen UniCredit gehört, führt einen erbitterten Rechtsstreit gegen die Drei-Banken-Gruppe mit Oberbank, BTV und BKS. Oberbank-Chef Franz Gasselsberger vermutet, dass die UniCredit nach der Macht bei der Oberbank greifen will, was diese abstreitet. Gasselsberger zeichnet ein „Was wäre, wenn“-Bild für seine Bank und ein überraschend euphorisches Zukunftsbild für die generelle Wirtschaftsentwicklung.
Karin Zauner: Kann es Kunden nicht egal sein, ob eine Bank aus Österreich heraus oder einem anderen EU-Land gesteuert wird? Also was nützt den Kunden die Unabhängigkeit einer Bank?
Franz Gasselsberger: Die Kundennähe, die wir als Regionalbank praktizieren, hat zur Folge, dass wir das Geschäft der Kunden ganz besonders gut verstehen. Vom Zweigstellenleiter bis zum Vorstand kennen wir unsere wichtigen Kunden und können sie gut einschätzen. Daher können wir auch sehr schnelle Entscheidungen treffen.
Aber auch eine Tochterbank eines internationalen Konzerns hätte doch regionale und lokale Mitarbeiter.
Als Bank, die ihren Sitz in Linz hat, kann man sich nicht hinter einer fernen Zentrale verstecken. Man muss zu dem stehen, was man entscheidet und sagt. Auch die Kontinuität der Ansprechpartner ist gerade in schwierigen Zeiten wichtig, so kann man Kunden besser begleiten. Das Commitment als Regionalbank zu den Regionalbankkunden ist ein höheres, wenn man hier in der Region den Sitz hat.
Doch gerade jetzt in der Krise klagen manche Unternehmer über Regionalbanken, die jede Woche seitenweise neue Informationen von ihnen wollen.
Wir können dann schwierige Zeiten gut überstehen, wenn wir plausible Planungen fürs nächste Jahr haben. Die Schuldendienstfähigkeit muss natürlich gegeben sein, aber das ist bei unseren Kommerzkunden nicht das große Thema. Denn das Volumen an monatlichen Stundungen beträgt bei uns nur 0,5 Prozent der gesamten Annuitäten.
Wieso ist dieser Wert so überraschend niedrig?
Unsere Kunden sind sehr gut mit Liquidität ausgestattet in diese Krise gegangen.
Alle rufen in der Krise nach mehr Regionalität. Trifft das auch auf den Finanzsektor zu?
Ich denke, dass die Kunden nicht nur wegen der Nähe zu uns kommen, sondern auch, weil wir in den letzten Jahren Kernkompetenzen entwickelt haben, die uns zu einer wirklichen Alternative am österreichischen Bankenmarkt haben werden lassen. Viele sehen uns als Alternative, die fehlen würde, wenn es die Oberbank so nicht mehr gäbe. Wären wir nicht mehr unabhängig, würden viele Kunden, die uns als Alternative suchen, nicht zur UniCredit wandern, sondern sich andere Banken suchen. Das würde auch die UniCredit bei der Ertragslage spüren. Ich glaube, das Bewusstsein, dass es sich lohnt, Entscheidungszentralen in Österreich zu haben, ist gestiegen – denn dann ist auch die Wertschöpfung für die Volkswirtschaft eine höhere.
Sie haben auch Kommerzkunden, die in ausländischer Hand sind. Sind die schlechter als österreichische Unternehmen?
Das darf man nicht schwarz-weiß malen. Ich glaube trotzdem, dass bei Unternehmen, die in Österreich ihren Sitz haben, der Großteil der Dividenden im Inland bleibt. Auch die Forschung und Entwicklung ist eher in der Zentrale angesiedelt. Die Zulieferer im Land profitieren stärker und wenn es um Einsparungen beim Personal geht, macht man das doch am schnellsten bei Töchtern in anderen Ländern. In einer langfristigen Betrachtung überwiegen die Vorteile von heimischen Unternehmen. Wir haben allein 1000 Mitarbeiter in der Linzer Zentrale. Diese Struktur bräuchten wir nicht mehr, würden wir von einer größeren Einheit übernommen werden. Wir bieten nicht nur großzügige Sozialleistungen, sondern den Mitarbeitern auch Perspektive. Bei uns kann jeder alles werden – auch Vorstand.
Würde Ihre Beteiligungspolitik – die Oberbank hält acht Prozent an der voestalpine – mit einem anderen Mehrheitseigentümer auf den Prüfstand gestellt?
Es gibt Stimmen, die meinen, es stehe einer Bank nicht gut an, sich an Industrien zu beteiligen. Wir wollen aber damit auch einen Beitrag leisten, dass die voestalpine mit ihrem Headquarter in Österreich bleibt und kein Übernahmekandidat wird. Ein anderer Mehrheitseigentümer würde auch dieses Thema hinterfragen.
Was wäre, wenn es die Oberbank nicht mehr als eigenständige Bank gäbe?
Wir würden auf das Kerngebiet Oberösterreich und Salzburg eingeschränkt werden. Unseren Wachstumskurs in anderen Ländern könnten wir nicht weiterfahren. Wir würden eine unscheinbare, mittelgroße und unbedeutende österreichische Regionalbank sein, die ständig um ihre Existenzberechtigung kämpfen müsste.
Sie haben unlängst gesagt, man müsse sich in der Coronakrise die Fakten suchen, die einen zuversichtlich machten. Aus welchen Fakten schöpfen Sie aktuell Zuversicht?
Ich bin seit Wochen überzeugt, dass wir am Beginn eines der größten Aufschwünge stehen, den die Republik je gesehen hat. Nur die Leute befinden sich in einer November-, Dezember- und Jänner-Lethargie. Wir sollten aber kommunizieren, dass sich große Teile der Wirtschaft schon im Aufschwung befinden. Wir haben eine Sparquote von 15 Prozent, die Menschen wollen Geld ausgeben und reisen. Der asiatische Markt boomt. Die Industrie läuft wieder gut, es gibt Preissteigerungen beim Stahl.
Die Investitionsprämie wird einen enormen Investitionsschub bringen. Wir brauchen nur diesen Impfstoff. Natürlich wird es auch Insolvenzen geben, aber viele unter diesen Unternehmen hatten schon vor Corona ein Problem – und der Tourismus und die Gastronomie sind natürlich in einer schwierigen Situation. Im zweiten Quartal 2021 sehen wir eine deutliche positive Entwicklung. Üblicherweise gibt es im Jänner und Februar eine Flaute bei der Kreditnachfrage. Derzeit ist die Kreditnachfrage bei der Oberbank enorm, Unternehmen und Private wollen investieren.
Von Syndikat bis Streubesitz
Über ein Beteiligungsmodell ist die Bank Austria (UniCredit) an den drei börsennotierten Regionalbanken Oberbank (Linz), Bank für Tirol und Vorarlberg (BTV, Innsbruck) und Bank für Kärnten und Steiermark (BKS, Klagenfurt) beteiligt. Auch die drei Banken sind untereinander verflochten und dies ist der Bank Austria ein Dorn im Auge. Sie hat den Verdacht, dass aufgrund der wechselseitigen ringförmigen Beteiligungen Kapitalerhöhungen der Oberbank zumindest teilweise aus deren eigenem Vermögen bezahlt worden seien. Die von der UniCredit angerufenen Gerichte haben diese Bedenken bisher nicht geteilt. Die Bank Austria ist bei BTV, BKS und Oberbank jeweils der größte Einzelaktionär. Mitzureden hat sie dort wenig, denn die gegenseitigen Beteiligungen der Drei-Banken-Gruppe sind in einem „Syndikat“ gebündelt. Die Entscheidungen trifft in den Hauptversammlungen der Streubesitz, er ist das Zünglein an der Waage.
Quelle: Salzburger Nachrichten, Ressort Wirtschaft, 01.02.2021