25.10.2022 ‐ Finanzmarkt aktuell

Xi's China – ein Parteitag, viele Probleme

In China endete letzte Woche der alle fünf Jahre stattfindende Parteitag der Kommunistischen Partei (KPCh). Einen besonderen Charakter erhält dieser jedoch in Bezug auf die zukünftige politische Weichenstellung der Volksrepublik. Staats- und Parteichef Xi Jinping ist erwartungsgemäß in einer nicht öffentlichen Sitzung am Ende des Parteitags für eine dritte Amtszeit als Generalsekretär der KPCh bestätigt worden. Damit wird der 69-Jährige voraussichtlich der erste Staatschef nach Staatsgründer Mao Zedong mit mehr als zwei Amtszeiten. Den Weg ebnete er schon 2018, als er demokratische Mechanismen, wie beispielsweise die Begrenzung der Amtszeit auf zwei Mandate, abschaffte.


Allerdings war die Ausgangssituation für den diesjährigen Parteitag alles andere als optimal für den Staatschef. War Xi`s größer Rückhalt in den letzten Jahren die überdurchschnittlich positive Entwicklung von Wirtschaft und Wohlstand gewesen, steht man in diesem Jahr vor einer für den Staatschef völlig neuen Situation.


Chinas Wirtschaftswachstum hat sich stark verlangsamt. Zum ersten Mal seit 1990 wächst die Wirtschaft der Volksrepublik wohl langsamer als der Rest der asiatischen Länder. Pekings Ziel – eine jährliche Wachstumsrate von 5,5 Prozent – scheint schon jetzt außer Reichweite zu sein. Die Weltbank hat ihre Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandproduktes der zweitgrößten Volkswirtschaft auf 2,8 Prozent nach unten korrigiert, während man die Prognosen für den Rest Ostasiens und den Pazifik auf 5,3 Prozent verbessert hat. Spätestens als China vor und während dem Parteitag die Veröffentlichung bestimmter Wirtschaftsdaten überraschend verschoben hatte, war klar, dass sich die Wirtschaft wohl nicht nach Pekings Plan entwickelt.
 

BIP-Wachstum (%), Prognose für 2022

 

Was genau ist also schiefgelaufen?

Zero Covid! Der Umgang Xis mit den Ausbrüchen des Corona-Virus hat die Wirtschaftstätigkeit branchenübergreifend heruntergefahren. Strenge Abriegelungen ganzer Städte bzw. Stadtteile, Massentests und ständige Scannen von Gesundheitscodes und Reisebeschränkungen haben die Mobilität von Millionen Menschen stark beschränkt und damit auch ihr Verbraucherverhalten negativ beeinträchtigt. Zudem haben die wirtschaftlichen Stillstände zu einem starken Nachfrageüberhang auf dem Arbeitsmarkt geführt, worunter vor allem die chinesische Jugend leidet. Im August stieg die Jugendarbeitslosigkeit auf ein Rekordhoch von knapp 20 %. Der wettbewerbsintensive Arbeitsmarkt in China ist stark von einer steigenden Wirtschaftsleistung abhängig. Allein 2022 gab es 10,8 Millionen neue Hochschulabsolventen, die es in den Arbeitsmarkt zu integrieren gilt.


Viel schiefgelaufen ist auch auf dem chinesischen Immobilienmarkt. Jahrelang hat dieser maßgeblich zu Chinas Wirtschaftswachstum beigetragen. Schätzungen gehen davon aus, dass dieser bis zu 30 Prozent von Chinas Bruttoinlandsprodukt ausmacht. Doch seit der Krise rund um Evergrande sieht sich die Branche mit einem nachhaltigen Vertrauensverlust konfrontiert. Um der Überschuldung entgegenzuwirken, erließ die Regierung Ende 2020 harte Schuldenregeln, auch „three red lines“ genannt. Diese machten es für die Baukonzerne fast unmöglich, an neue Bankkredite zu kommen. Dadurch stieg deren Abhängigkeit, liquide Mittel aus Vorverkäufen zu genieren. Doch viele Hauskäufer weigern sich mittlerweile, noch ausstehende Zahlungen für unfertige Gebäude zu leisten, aus Angst, dass diese nicht mehr fertiggestellt werden. Ein Teufelskreis. In mehr als der Hälfte der chinesischen Städte fallen die Immobilienpreise. Die Verkäufe neuer Eigenheime sind zuletzt um mehr als 20 Prozent gefallen im Vergleich zum Vorjahr, Grundstücksverkäufe fielen sogar um ganze 35 Prozent.  


Neben der wichtigen Immobilienbranche steckt auch die einst so florierende Tech-Industrie in der Krise. Aufgrund staatlicher Interventionen bei großen Tech-Firmen wie Tencent oder Alibaba, musste die Branche zum Teil binnen weniger Tage Milliardenverluste hinnehmen. Mit solch schwerwiegenden Eingriffen stellt man die gesamte Einstellung gegenüber dem chinesischen Markt infrage, denn ausländische Investoren fragen sich zu Recht, wie sicher ihr Geld bei Unternehmen ist, bei denen der Staat quasi über Nacht die Spielregeln zu seinen Gunsten verändern kann. Die Antwort am Aktienmarkt ist eindeutig. Der Nasdaq Golden Dragon China Index, der viele beliebte chinesische Aktientitel abbildet, markierte vergangene Woche ein neues 10-Jahres-Tief.


Am Ende bleibt der Eindruck zurück, dass XI auf seinem Weg zum Führer auf Lebenszeit seine Prioritäten geändert hat. Poltische Einflussnahme sowohl in das Privatleben der Menschen als auch in wichtige Wirtschaftsbereiche scheinen aktuell wichtiger zu sein als überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum. Um es sich jedoch nicht vollständig mit Chinas Wirtschaftselite zu verspielen und seine Macht weiterhin zu festigen, wird er seinen Fokus in Zukunft gezwungenermaßen wieder mehr auf die Entwicklung der Wirtschaft richten müssen.

 

Hierbei handelt es sich um eine Marketingmitteilung.

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